Ursachen für Übergewicht
Ein großes Problem unserer heutigen Gesellschaft ist das Übergewicht, an dem ein Großteil der Menschen leidet. In Deutschland sind es ca. 60%.[1] Dies ist darauf zurückzuführen, wie wir uns in den letzten Jahrzehnten[i] entwickelt haben. Der Alltag ist durch die Digitalisierung und Technologisierung deutlich bewegungsärmer geworden. Gleichzeitig ist Essen zu jeder Zeit in unbegrenzter Menge verfügbar. Die Lebensmittel sind oft stark verarbeitet und mit Zucker zugesetzt, was eine Zunahme natürlich extrem begünstigt. Faktoren wie chronischer Stress, Schlafdefizit, Bewegungsmangel, Medikamente oder Schilddrüsenprobleme können ebenfalls ihren Teil dazu beitragen, dass der Kalorienfriedhof rund um den Bauch anwächst. Dadurch hat sich weltweit die Zahl an Übergewichtigen seit den 80er Jahren verdoppelt.
Folgen von Übergewicht
Dies bringt einige gesundheitliche Probleme mit sich. Bei einer Fettzunahme der Kategorie Übergewicht oder sogar Adipositas, nimmt in den meisten Fällen auch der Anteil des sogenannten Viszeralfetts, welches die inneren Organe umgibt, zu. Je mehr Fett man hat, desto höher ist dieser Anteil und das Risiko für Folgeerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Arteriosklerose, Herzinfarkt, Fettleber, Schlaganfall und verschiedene Krebsarten. Der Grund hierfür ist, dass dieses spezielle Fettgewebe wie eine Hormondrüse fungiert, die ständig entzündliche Botenstoffe produziert und aussendet. Die meisten chronischen Krankheiten beginnen mit einer Entzündung, weswegen es fatal ist, wenn durch das viszerale Fett ununterbrochen Entzündungen ausgelöst werden, von denen man selbst überhaupt nichts mitbekommt. Diese „silent inflammations“ sind der Grundbaustein vieler Volkskrankheiten, die durch einen zu hohen Körperfettanteil stark befeuert werden. Die häufigste Todesursache in Deutschland ist eine Erkrankung des Herzkreislaufsystems.[2] Die Datenlage zeigt einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und der Entstehung von diesen kardiovaskulären Krankheiten, wobei diese natürlich sehr komplex sind und nicht ausschließlich auf zu viel Innenfutter zurückzuführen sind.[3] [4]
Gesellschaft
Das zunehmende Übergewicht in der Bevölkerung kostet der Gesellschaft sehr viel Geld, weil die beschriebenen Folgekrankheiten entstehen, die dann über das Gesundheitssystem gestemmt werden müssen. Auf lange oder sogar mittelfristige Sicht wird die steigende Anzahl an Krankheiten nicht mehr bezahlbar sein, weswegen es wichtig ist, dass das Übergewicht wieder abnimmt, damit einige Krankheiten in ihrer Häufigkeit zurückgehen. Hier wäre auch mal die Politik in der Pflicht den Lebensmittelsektor besser zu reglementieren und Lebensmittel mit Zuckerzusätzen und einer hohen Kaloriendichte bei gleichzeitig geringem Nährstoffanteil ähnlich wie Tabakwaren zu kennzeichnen. Denn diese Lebensmittel machen die Gesellschaft eher krank, was sehr problematisch ist, denn jeder muss essen, um zu überleben, rauchen hingegen nicht. Die Graphik zeigt, dass die Kalorienzufuhr in den letzten Jahrzehnten angestiegen ist, was wie eingangs erwähnt an der Industrialisierung und der Zusammensetzung der „Lebensmittel“ liegt.
https://ourworldindata.org/food-supply#
In der zweiten Abbildung kann man sehen, dass die Kalorienzufuhr in Deutschland die höchste Stufe erreicht hat. Man kann auch erkennen, dass in weniger entwickelten Ländern, die Kalorienaufnahme in der Regel geringer ist. Man kann also sagen, dass je weiter entwickelt ein Land ist, desto höher ist die Kalorienzufuhr. Früher, vor Industrialisierung, war es mit viel Aufwand verbunden an Nahrung zu kommen, während heute die Schwierigkeit besteht, sich vom unerschöpflichen Angebot nicht überrumpeln zu lassen und möglichst die richtigen Lebensmittel auszuwählen, die gut für den Körper sind und die Kalorienzufuhr nicht völlig entgleisen lassen. Auf den Lebensmitteletiketten mit den Nährwerten und dem Kaloriengehalt wird der Kalorienbedarf eines durchschnittlichen Erwachsenen mit 2000 kcal angegeben. Wir sind in Deutschland bei ca. 3400 kcal/d. Nach einem Jahr hätte der Durchschnittsdeutsche mit diesen Werten einen Kalorienüberschuss von 510 000 kcal, was einer Fettzunahme von 73 kg entsprechen würde. Hier merkt man, dass der reale durchschnittliche Kalorienbedarf höher sein muss als auf den Lebensmitteln angegeben, denn ansonsten würde die Adipositasrate 100 % betragen. Dennoch befindet sich die Mehrheit in einem dauerhaften Kalorienplus, da andernfalls nicht diese Statistiken des Übergewichts zustande kommen würden.
http://chartsbin.com/view/1150
Mehr Bewegung
Es stellt sich die Frage, was man tun kann, um sich vor Übergewicht zu schützen oder um wieder abzunehmen. Es gibt einige Basics, die man in seinen Alltag integrieren sollten, um einen zu hohen Kalorienüberschuss zu verhindern. Man sollte sich ausreichend Bewegen und wenigstens Schritte am Tag zurücklegen. Im Prinzip hat inzwischen jedes Smartphone einen Schrittzähler, an dem man sich orientieren kann. Bewegt man sich zu wenig, befindet sich der Körper in einem für ihn unnatürlichen Zustand. Eine aktuelle Metaanalyse konnte nachweisen, dass das Sterberisiko mit zunehmender Schrittzahl abnimmt und ab 8-10 Schritte keine weiteren Effekte bezogen auf die Sterblichkeit bringt.[5] Die höchste Schrittzahl brachte ein um 50-60 % geringeres Risiko verglichen mit der niedrigsten Schrittzahl ein [3553 vs. 10 901].
https://www.thelancet.com/journals/lanpub/article/PIIS2468-2667(21)00302-9/fulltext
Mehr Protein und Fette
Als zweiten Punkt sollte man seine Proteinzufuhr auch als Nichtsportler auf 1,2 – 1,6 g/kg erhöhen, da Protein länger satt macht, den Blutzucker stabilisiert und man so weniger zu Heißhungerattacken neigt, die unter anderem von kurzkettigen Kohlenhydraten in Form von Süßigkeiten, Weißbrot oder Softdrinks ausgelöst werden. Aminosäuren sind die Grundbausteine unseres Körpers, wir bestehen also aus ihnen. Daher ist ein Proteinsättigungsmechanismus in uns eingebaut, damit wir genug von ihnen zuführen. Werden weniger Aminosäuren bzw. Proteine zugeführt, fällt das Sättigungssignal schwächer aus und man kann mehr essen. Daher ist es absolut empfehlenswert bei jeder Mahlzeit auf einen Proteinanteil von mindestens 25 g zu achten. Zudem werden 25 % der zugeführten Proteinkalorien direkt wieder vom Körper für deren Verwertung verbrannt. Fett aus hochwertigen Quellen wie Nüssen, Biobutter, Ghee, Lachs, Avocado, Olivenöl oder Leinöl dienen ebenfalls der Sättigung, da das Nahrungsfett aufwendig verdaut werden muss und daher länger im Magen liegt. Und nein, Fett macht nicht Fett sondern zu viele Kalorien.
Einschränken von Fertigprodukten
Man sollte außerdem nicht zu viele stark verarbeitete Lebensmittel konsumieren und sich die Nährtwert- und Kalorienangaben anschauen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was in den verschiedenen Lebensmitteln drinnen ist. Eine Studie konnte zeigen, dass Personen ihre Kalorienzufuhr deutlich unterschätzen. Bei den Übergewichtigen war die Kalorienzufuhr zum Beispiel doppelt so hoch wie ihre Einschätzung. [6] Selbst Ernährungsberater schätzen die Kalorienzufuhr teilweise völlig falsch ein, weswegen man sich wirklich etwas intensiver mit dem Thema Kalorien beschäftigen sollte. Außerdem sind Fertigprodukte so konzipiert, dass man immer mehr von ihnen essen will, weil es einfach im Interesse der Lebensmittelindustrie ist, dass wir möglichst viel konsumieren.
Mehr Obst und Gemüse
Die letzte Basis bilden das Obst und Gemüse. Es ist nicht nur für den menschlichen Organismus essenziell, sondern hält auch aufgrund des Nahrungsvolumens und der Ballaststoffe satt. Zum einen sorgt das Nahrungsvolumen für eine Dehnung des Magens, was von Rezeptoren an das Gehirn weitergeleitet wird. Die Ballaststoffe erhöhen durch den Quelleffekt die Nahrungsmasse zusätzlich und wirken sogar als Sättigungssignal für den Körper. Diese werden nämlich von unseren Darmbakterien u.a. für die Energiegewinnung zersetzt. Die entstandene Essigsäure gerät über den Blutkreislauf ins Gehirn und fungiert dort als sättigendes Signal. Zusätzlich werden die enthaltenen Kohlenhydrate, da sie komplexer sind als z.b. in Nudeln in einem späteren Abschnitt des Dünndarms aufgenommen, was ebenfalls bestimmte hormonelle Sättigungssignale auslöst.
Fazit
Die durchschnittliche Ernährung ist weder protein – noch ballaststoffreich, weswegen diese Sättigungssignale eher wegfallen. Somit bleibt nur noch die physikalische Magendehnung durch den Nahrungsbrei übrig, weswegen man viel mehr essen kann, bevor man satt wird. Diese Sättigung hält dann oft nicht lange an, weil die Dehnung ja schnell wieder nachlässt und die anderen Mechanismen nicht greifen konnten. Insgesamt sollte man sich, um Übergewicht zu vermeiden, mehr bewegen und gesünder essen. Dies sagt sich so leicht und ist für viele Personen im Alltag aufgrund von Stress, fehlendem Wissen, Erkrankungen, schlechtem Mindset und vielen weiteren Faktoren nicht wirklich umsetzbar. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, sich einen Experten an die Seite zu holen und in seine Gesundheit zu investieren.
[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/153908/umfrage/fettleibigkeit-unter-erwachsenen-in-oecd-laendern/
[2] Häufigste Todesursachen in Deutschland | Statista
[3] Association
between adiposity and cardiovascular outcomes: an umbrella review and
meta-analysis of observational and Mendelian randomization studies |
European Heart Journal | Oxford Academic (oup.com)
[4] Association
Between Obesity and Cardiovascular Outcomes: A Systematic Review and
Meta-analysis of Mendelian Randomization Studies | Cardiology | JAMA
Network Open | JAMA Network
[5] https://www.thelancet.com/journals/lanpub/article/PIIS2468-2667(21)00302-9/fulltext